homegirl productions ist ein Theater- und Produktionsverein, der 2024 von David Gees und Joëlle Antonie Gbeassor gegründet wurde. Der Verein vereint junge*afro-diasporische*queere Theaterschaffende aus Zürich, die seit 2020 in verschiedenen Konstellationen zusammenarbeiten – von Jugendclubs über Hospitanzen bis hin zu Engagements am Schauspielhaus Zürich oder Theater Basel. homegirl will einen Raum kreieren, in dem wir bestehende Strukturen und Hierarchien hinterfragen und gleichzeitig neue Arbeitsbedingungen er-denken und erproben, welche die Vielfalt und Vielschichtigkeit unserer Gruppe um-fassen und fördern. In unserer künstler-ischen Praxis befassen wir uns damit, Welten zu gestalten, ohne die wir nicht leben können, während wir zugleich die Welten abbauen, in denen wir nicht leben können.
Der Name homegirl stammt aus Alexis Pauline Gumbs' Buch M Archive: after the end of the world. Die Figur homegirl im Buch verkörpert eine intime Verbindung zum Universum und eine rebellische Haltung gegenüber systemischen Zwängen:
„It got to the point where she could close her eyes and map the universe. Stars dying, voids reversing, oceans freezing on planets far away. She could find it all somewhere inside. Sounds beautiful, but it was in-convenient. Why should she wake up in the middle of the night just because a volcano erupted on a planet orbiting another star? Why should she cry in the middle of a conversation just because the poles of some poor planet were melting into oceans? She began to hate the word middle. [...] The universe always knows when she is being disrespected. She is patient, but she is not the patient. And so lightning struck where it had to, and all the monitors linked to dark flesh went dark. And homegirl just quietly walked away. Content never to be in the middle of anything. Committed to always be in the middle of everything.“ (Alexis Pauline Gumbs in M Archive: after the end of the world)
homegirl spiegelt unsere Praxis wider: Genau wie homegirl weigern wir uns to be in the middle of anything und verstehen anything als das Vereinzelte, das Beliebige oder das Fragmentarische, als einzelne Ereignisse oder isolierte Aufgaben. Wir positionieren uns in everything, was für uns eine umfassendere, vernetzte Wahrnehm-ung und Existenz repräsentiert. homegirl akzeptiert die Verantwortung, Teil von allem zu sein, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Diese Entschlossenheit entspringt einer queer energy, die Fehler als kreative und transformative Kraft begreift. Wie Eve Kosofsky Sedgwick in Bezug auf diese Energie formuliert:
„A lot of queer energy, later on, goes into [...] practices aimed at taking the terror out of error, at making the making of mistakes sexy, creative, even cognitively powerful.“ (Eve Kosofsky Sedgwick in Novel Gazings: Queer Readings in Fiction)
homegirl lässt sich auch von Sylvia Winter inspirieren, die jene Geschichten untersucht, die unsere Existenz so tief prägen, dass wir sie kaum mehr als solche erkennen. Sie zeigt, wie an der Schnittstelle von Fiktion und Realität eine „Poetik des Möglichen“ entsteht, die die Schrecken unserer Zeit ermöglicht:
„Polizeibrutalität, die Zerstörung der physischen Umwelt, der Diebstahl von Ressourcen aus den sogenannten Entwick-lungsländern und jeder andere Schrecken unserer Zeit basieren auf einem vorher-rschenden und jetzt totalisierenden Ver-ständnis davon, was Leben ist, einer Poetik des Möglichen.“ (Alexis Pauline Gumbs über Sylvia Wynter in Dub: Finding Ceremony)
In unserer sich entfaltenden Theaterpraxis greifen wir auf Schwarz*queerfeministische Theorien, Fiktion, Drama sowie kon-tinuierlich kritische und alltägliche Ge-spräche zurück. So zeichnen wir eine neue Poetik des Möglichen.